Page 5 - Leseprobe-leben in der Spiegelwelt
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wie dein Bewusstsein. Wie am Himmelszelt, zeigen sich
im Bewusstsein Wolken und Wetterereignisse. Stürme
kommen und gehen, doch der Himmel bleibt immer emp-
fänglich, unbegrenzt und urteilslos. Unberührt von allem,
was sich in ihm abspielt. Das Bewusstsein ist ähnlich, es
wird von unseren Erfahrungen nicht berührt. Es beob-
achtet, ohne zu urteilen. Gefühle wie Angst, Wut, Freude
oder Leid erscheinen und verschwinden wieder in diesem
unbegrenzten Raum.«
»Das heißt, mein Bewusstsein lässt sich nicht von
Kummer und Sorgen beeinflussen. Es bleibt neutral?«
»Exakt. Wenn wir unsere Aufmerksamkeit auf den
Raum des himmelsgleichen Bewusstseins lenken, anstatt
auf die Geschehnisse und Gefühle, dann geschieht Weis-
heit. In der Metapher gesprochen: spüre den Himmel
und nicht die aufkommenden und gehenden Wolken. Der
Himmel ist immer da, immer empfänglich und er ist gren-
zenlos.«
»Ich glaube zu verstehen. Mein Bewusstsein existiert
also uneingeschränkt von Raum und Zeit. Und wenn ich
meine Aufmerksamkeit auf das grenzenlose lenke, anstatt
auf mein aktuelles Problem kann ich meine wahre Größe
spüren.
Aber meine Gedanken fühlen sich für mich präsenter
an, als mein Bewusstsein. Färbt meine Stimmung dann
nicht auf den Geist ab? Fängt mein Bewusstsein nicht
doch irgendwann an zu bewerten?«
Aramis zeigt auf die Wasseroberfläche. »Schau, ein
Spiegel reflektiert alles und bleibt doch selbst klar und
unberührt. Die spiegelgleiche Natur des Bewusstseins
reflektiert alles, aber sie behält immer ihre reine und
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